Aufarbeitung von Gebrauchtgegenständen: Differenzbesteuerung auch bei Upcycling anwendbar?

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein (FG) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob die Differenzbesteuerung auch dann anwendbar ist, wenn ein Gebrauchtgegenstand nicht nur aufgearbeitet, sondern zugleich zum Zweck seiner zeitgemäßen Nutzung um ein Neuteil ergänzt wird. Im Urteilsfall hatte die Klägerin antike Waschkommoden aus privater Hand angekauft, restauriert und zusammen mit einem individuell angepassten Waschbeckenaufsatzteil nebst Armatur wiederverkauft. Das Finanzamt versagte die Anwendung der Differenzbesteuerung, da im Ergebnis ein neuer Verkaufsgegenstand hergestellt worden sei. Die Klägerin vertrat hingegen die Auffassung, dass die Funktion des Objekts als Waschkommode unverändert geblieben sei. Das Neuteil spiele bei der Gesamtwürdigung der Restaurierungsarbeiten und auch hinsichtlich des Kaufmotivs der Kunden nur eine untergeordnete Rolle. Das FG gab der Klägerin recht und bezog sich dabei insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sowie des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2017. Die erforderliche Identität zwischen Ankaufs- und Verkaufsobjekt sei mit Blick auf den Normzweck der Differenzbesteuerung (Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und Doppelbesteuerungen bei der Wiedereinführung von Gebrauchtgegenständen in den Wirtschaftskreislauf) nicht zu eng auszulegen. Daher sei die Differenzbesteuerung nicht allein auf Recyclingfälle beschränkt. Sie könne auch in den Fällen der Verbindung eines aufgearbeiteten Gebrauchtgegenstands mit einem Neuteil (Upcycling) zur Anwendung kommen. Voraussetzung sei, dass der aufgearbeitete Gebrauchtgegenstand dem Wiederverkaufsobjekt sein Gepräge gebe und aus Verbrauchersicht das entscheidende Kaufmotiv darstelle.Information für: Unternehmerzum Thema: Umsatzsteuer(aus: Ausgabe 01/2024)
Falls Sie einmal einem strafrechtlichen Vorwurf ausgesetzt sein sollten, können Sie die Kosten für Ihre Strafverteidigung nur in Ausnahmefällen steuerlich abziehen. Ein Werbungskostenabzug für Strafverteidigungskosten ist nur möglich, wenn der strafrechtliche Vorwurf eindeutig durch ein berufliches Verhalten veranlasst ist. Die zur Last gelegte Tat muss bei der Berufsausübung begangen worden sein. Es genügt nicht, dass die Erwerbstätigkeit bloß die Gelegenheit zu einer Straftat verschafft hat, vielmehr muss die schuldhafte Handlung noch im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung gelegen haben. Kein Werbungskostenabzug ist ferner möglich, wenn ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst (vorsätzlich) schädigen wollte, denn in diesem Fall ist sein Verhalten von privaten Gründen getragen. Ein neuer Fall des Bundesfinanzhofs (BFH) zeigt beispielhaft, wann ein Werbungskostenabzug konkret möglich ist. Vorliegend hatte ein angestellter Geschäftsführer Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeiträge gekürzt. Das Finanzgericht Münster (FG) hatte die Strafverteidigungskosten als Werbungskosten anerkannt und erklärt, dass die Taten in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden seien. Zwar war vom Geschäftsführer auch Bargeld für private Zwecke abgezweigt worden, dieser Vorgang stehe nach Auffassung der Finanzrichter aber mit der Lohnsteuerhinterziehung nicht in einem derart engen Zusammenhang, dass die berufliche Veranlassung durch den (privaten) Zweck der Eigenbereicherung überlagert worden wäre. Der BFH wies die Nichtzulassungsbeschwerde des Finanzamts gegen das finanzgerichtliche Urteil nun als unbegründet zurück, die Bundesrichter bestätigten also die Würdigung des FG. Hinweis: Strafverteidigungskosten können zwar theoretisch auch als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein - dies ist im Falle einer Verurteilung aber stets ausgeschlossen. Bei einem Freispruch ist ein solcher Ansatz nur möglich, wenn sich der Bürger den Kosten aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und die Aufwendungen notwendig und angemessen sind. Allerdings gilt es zu beachten, dass die Kosten bei einem Freispruch regelmäßig der Staatskasse zur Last fallen, so dass ein steuerlicher Abzug mangels eigener Belastung nicht möglich ist. Hat der Bürger mit seinem Rechtsanwalt ein höheres Honorar vereinbart, als vom Staat erstattet wird, so kommt ein steuerlicher Abzug der Mehrkosten als außergewöhnliche Belastungen mangels Zwangsläufigkeit der Kosten nicht in Betracht.Information für: allezum Thema: Einkommensteuer(aus: Ausgabe 08/2022)
Eltern können ihren Kindern ein selbstbewohntes Familienheim erbschaftsteuerfrei vererben, sofern die Kinder die Immobilie nach dem Erbfall unverzüglich zur Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmen. Die Steuerbefreiung für Familienheime entfällt aber nachträglich, wenn der Erbe die zunächst erfolgte Selbstnutzung innerhalb von zehn Jahren nach dem Erbfall aufgibt. Gibt er die Selbstnutzung innerhalb dieser Frist jedoch aus zwingenden Gründen auf, bleibt die Steuerfreiheit wiederum erhalten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen solche zwingenden Gründe darstellen können, sofern sie dem Kind eine selbständige Haushaltsführung in dem erworbenen Familienheim unmöglich oder unzumutbar machen. Im zugrundeliegenden Fall hatte eine Tochter ein Familienheim von ihrem Vater geerbt und zunächst selbst bewohnt, war aber bereits nach sieben Jahren wieder ausgezogen, um eine Erdgeschosswohnung auf dem Nachbargrundstück zu beziehen. Im Anschluss wurde das Haus abgerissen. Das Finanzamt versagte nachträglich die Erbschaftsteuerbefreiung für das Familienheim, wogegen die Tochter vor das Finanzgericht Düsseldorf (FG) zog und geltend machte, sie habe sich angesichts ihres Gesundheitszustands kaum noch in dem Haus bewegen können. Konkret machte sie zwei Bandscheibenvorfälle und ein Hüftleiden geltend und erklärte, dass sie die schmale und enge Treppe in dem (baufälligen) Einfamilienhaus aus dem Jahre 1951 nicht mehr hätte nutzen können. Ohne fremde Hilfe sei eine Lebensführung dort nicht mehr möglich gewesen. Das FG war jedoch der Ansicht, dass kein zwingender Grund für den Auszug vorgelegen habe, da sich die Tochter fremder Hilfe hätte bedienen können. Der Steuerzugriff sei somit rechtmäßig. Der BFH hob das finanzgerichtliche Urteil nun auf und verwies die Sache zurück zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Nach Auffassung der Bundesrichter liegt ein "zwingender Grund" nicht nur dann vor, wenn die Selbstnutzung unmöglich ist, sondern auch, wenn sie unzumutbar ist. Die Selbstnutzung darf zwar nicht aus reinen Zweckmäßigkeitserwägungen abgebrochen werden, beispielsweise, weil eine Sanierung des Familienheims unwirtschaftlich ist. Anders liegt der Fall aber, wenn der Erbe aus gesundheitlichen Gründen für eine Fortnutzung des Familienheims so erheblicher Unterstützung bedarf, dass nicht mehr von einer selbständigen Haushaltsführung gesprochen werden kann. Das FG muss daher nun im zweiten Rechtsgang das Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Tochter klären und auf dieser Grundlage dann die (Un-)Zumutbarkeit der Selbstnutzung prüfen. Hinweis: Das BFH-Urteil ist eine gute Nachricht für Kinder, die aus gesundheitlichen Gründen die Selbstnutzung eines geerbten Familienheims abbrechen müssen. Sie sollten für erbschaftsteuerliche Zwecke eine gute Beweisvorsorge treffen, indem sie ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Probleme bei der selbständigen Haushaltsführung dokumentieren (z.B. durch ärztliche Atteste, Fotos von den baulichen Gegebenheiten).Information für: Hausbesitzerzum Thema: Erbschaft-/Schenkungsteuer(aus: Ausgabe 10/2022)

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